Neues Erbrecht – Was sich für wen ändert (Teil 6 – Pflegevermächtnis)

Freitag, 1. September 2017

Eine der größten Neuerungen durch die Erbrechtsreform betrifft die Einführung eines Pflegevermächtnisses.

Mit der Erbrechtsreform reagiert der Gesetzgeber auf gesellschaftspolitische Veränderungen der letzten Jahrzehnte, u.a. was den Bereich der Altenpflege betrifft. Mit der steigenden Lebenserwartung hat auch die Bedeutung von Pflege in Österreich spürbar zugenommen, wobei es häufig Angehörige der betroffenen Person sind, die Aufgaben der Betreuung übernehmen. Diese Pflegeleistungen sollen nach dem Ableben der betroffenen Person durch das neu eingeführte Pflegevermächtnis abgegolten werden.

Einen Anspruch auf ein Pflegevermächtnis können jedoch nur nahe stehende Personen haben. Dies sind nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut die gesetzlichen Erben der verstorbenen Person, deren Ehegatte, deren eingetragener Partner oder deren Lebensgefährte und deren Kinder sowie der Lebensgefährte der verstorbenen Person und dessen Kinder. Damit kommt z.B. eine Schwiegertochter oder ein Schwiegersohn als Anspruchsberechtigte(r) in Betracht. Das Pflegevermächtnis gebührt zusätzlich zu einem allfälligen Erbteil oder einer sonstigen Zuwendung, es sei denn die verstorbene Person hat letztwillig etwas anderes verfügt. Auf einen allfälligen Pflichtteil ist das Pflegevermächtnis jedoch nicht anzurechnen.

Das Pflegevermächtnis steht einer der vorstehenden Personen zu, sofern diese den Verstorbenen in den letzten drei Jahren vor dem Tod mindestens sechs Monate unentgeltlich gepflegt hat. Das Ausmaß der Pflege muss nach der Vorstellung des Gesetzgebers jedoch zumindest 20 Stunden monatlich erreichen.

Als Pflege gilt jede Tätigkeit, die einer pflegebedürftigen Person soweit wie möglich die notwendige Betreuung sichert und ihr hilft, ein selbstbestimmtes, bedürfnisorientiertes Leben zu führen. Es handelt sich dabei nach der Vorstellung des Gesetzgebers nicht um Dienstleistungen der professionellen Kranken- oder Gesundheitspflege, sondern um Unterstützung im Rahmen der Familien- und Haushaltshilfe, wie Einkaufen, Kochen, Waschen etc. Bloße Besuche sind damit jedoch nicht umfasst.

Das neue Pflegevermächtnis bringt einen zusätzlichen Anspruch für pflegende Angehörige. Schwer abzuschätzen ist derzeit, welche Tätigkeiten genau vom Begriff der „Pflege“ umfasst sind und mit welcher Anspruchshöhe bei Pflegevermächtnissen zu rechnen ist. Ein Beratungsgespräch ist daher für die eigene Nachlassplanung jedenfalls sinnvoll.